Der Cyber Resilience Act ist ein Meilenstein für die digitale Sicherheit in Europa. Doch die Umsetzung der Verordnung stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sehen sich mit komplexen technischen, organisatorischen und finanziellen Anforderungen konfrontiert. Gleichzeitig bietet der Cyber Resilience Act aber auch Chancen: Für mehr Sicherheit, Vertrauen und Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Binnenmarkt.
Technische Herausforderungen und Lösungsansätze
Eine der größten Herausforderungen liegt in der technischen Umsetzung der Sicherheitsanforderungen. Unternehmen müssen ihre IT-Systeme und -Prozesse auf den Prüfstand stellen und fit für die neuen Vorgaben machen. Das fängt bei einer gründlichen Bestandsaufnahme und Risikoanalyse an: Welche Systeme und Anwendungen sind im Einsatz? Wo liegen mögliche Schwachstellen und Angriffspunkte? Welche Schutzmaßnahmen sind bereits vorhanden, wo besteht Nachrüstungsbedarf?
Auf Basis dieser Analyse gilt es dann, die erforderlichen technischen Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehören unter anderem:
- Einsatz sicherer und vertrauenswürdiger Hard- und Software
- Implementierung von Verschlüsselungstechnologien zum Schutz sensibler Daten
- Einrichtung von Backup- und Recovery-Systemen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit
- Etablierung eines effektiven Patch-Managements zur zeitnahen Behebung von Schwachstellen
- Implementierung von Zugriffskontrollen und Authentifizierungsmechanismen
- Nutzung von Monitoring- und Detektionssystemen zur Erkennung von Angriffen
All diese Maßnahmen erfordern spezialisiertes Know-how und oft auch erhebliche finanzielle Investitionen. Gerade KMU stoßen hier schnell an ihre Grenzen, fehlt es doch häufig an internen Ressourcen und Fachkenntnissen.
Doch es gibt Lösungsansätze: Kooperationen mit spezialisierten IT-Dienstleistern oder Managed Security Service Providern (MSSPs) können helfen, Kompetenzen zu bündeln und Kosten zu senken. MSSPs übernehmen dabei die Planung, Umsetzung und den Betrieb von Sicherheitslösungen und stellen die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen sicher.
Auch der Einsatz von Cloud-Lösungen kann eine Option sein. Cloud-Anbieter investieren massiv in die Sicherheit ihrer Infrastrukturen und Dienste und erfüllen oft bereits hohe Sicherheitsstandards. Durch die Nutzung von Cloud-Diensten können Unternehmen von diesen Sicherheitsmechanismen profitieren, ohne selbst in teure Hardware und Software investieren zu müssen.
Ein weiterer Ansatzpunkt sind branchenspezifische Lösungen und Best Practices. In vielen Branchen gibt es bereits erprobte Sicherheitsstandards und -technologien, die sich auch für die Umsetzung des Cyber Resilience Acts nutzen lassen. Die Zusammenarbeit mit Branchenverbänden und der Austausch mit anderen Unternehmen können wertvolle Impulse liefern.
Organisatorische Aspekte: Zuständigkeiten, Prozesse, Awareness
Neben den technischen Herausforderungen gilt es auch organisatorische Aspekte zu berücksichtigen. Der Cyber Resilience Act fordert von Unternehmen, klare Verantwortlichkeiten und Prozesse für die Cybersicherheit zu etablieren. Das fängt bei der Benennung eines Cybersecurity-Verantwortlichen an, der als zentraler Ansprechpartner und Koordinator fungiert.
Darüber hinaus sind klare Richtlinien und Notfallpläne gefragt. Unternehmen müssen definieren, wie sie mit Sicherheitsvorfällen umgehen, welche Meldepflichten bestehen und wie die Kommunikation im Krisenfall erfolgt. Regelmäßige Übungen und Tests helfen, die Notfallpläne zu schärfen und im Ernstfall schnell und effektiv zu reagieren.
Ein oft unterschätzter Faktor ist die Awareness der Mitarbeiter. Studien zeigen, dass ein Großteil der Sicherheitsvorfälle auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen ist – sei es durch Nachlässigkeit, mangelndes Risikobewusstsein oder gezielte Angriffe wie Phishing oder Social Engineering. Deshalb müssen Mitarbeiter für das Thema Cybersicherheit sensibilisiert und geschult werden.
Regelmäßige Trainings, Awareness-Kampagnen und Simulationen von Angriffsszenarien können helfen, das Sicherheitsbewusstsein zu schärfen und risikobehaftetes Verhalten zu reduzieren. Dabei sollten die Schulungen auf die spezifischen Bedürfnisse und Rollen der Mitarbeiter zugeschnitten sein: Während IT-Experten tiefergehendes technisches Know-how benötigen, reichen für den Großteil der Belegschaft oft schon grundlegende Verhaltensregeln und Best Practices.
Auch hier gilt: Gerade KMU sind oft überfordert, neben dem Tagesgeschäft auch noch umfassende Awareness-Programme aufzusetzen. Eine Möglichkeit kann sein, auf externe Schulungsanbieter oder Online-Trainings zurückzugreifen. Auch die Zusammenarbeit mit Branchenverbänden oder Handelskammern kann Synergien schaffen.
Finanzierung und Fördermöglichkeiten
Eine der größten Hürden für Unternehmen sind die finanziellen Aufwände für die Umsetzung der Cybersicherheitsanforderungen. Investitionen in Hard- und Software, externe Dienstleister oder Schulungsmaßnahmen können schnell ins Geld gehen und binden Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen.
Gerade für KMU ist das oft eine Herkulesaufgabe. Doch es gibt Unterstützungsmöglichkeiten: Auf europäischer und nationaler Ebene existieren verschiedene Förderprogramme, die Unternehmen bei der Umsetzung des Cyber Resilience Acts unter die Arme greifen.
Ein Beispiel ist das EU-Programm „Digital Europe“, das insgesamt 7,5 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2021 bis 2027 vorsieht. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Förderung von Cybersicherheitskapazitäten in Unternehmen, insbesondere in KMU. Gefördert werden unter anderem Schulungs- und Zertifizierungsmaßnahmen, der Aufbau von Testzentren und die Entwicklung sicherer Lösungen.
Auch auf nationaler Ebene gibt es verschiedene Unterstützungsangebote. In Deutschland etwa haben das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) das Förderprogramm „Digital Jetzt“ aufgelegt. Unternehmen können hier Zuschüsse für die Einführung oder Verbesserung von IT-Sicherheitsmaßnahmen beantragen.
Neben direkten Fördermitteln gibt es auch indirekte Unterstützungsangebote, etwa in Form von Beratungsleistungen, Informationsmaterialien oder Brancheninitiativen. Das BSI beispielsweise bietet mit dem „IT-Grundschutz“ einen umfassenden Leitfaden für die Einführung von IT-Sicherheitsmaßnahmen, der speziell auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten ist. Cyber Resilience Act Beratung
Der Blick nach vorn: Cybersicherheit als Chance
So herausfordernd die Umsetzung des Cyber Resilience Acts auch sein mag: Letztlich überwiegen die Chancen und Potenziale. Denn in einer zunehmend digitalisierten Welt ist Cybersicherheit kein Nice-to-have mehr, sondern eine Grundbedingung für den Geschäftserfolg.
Unternehmen, die die Anforderungen des Cyber Resilience Acts erfüllen, verschaffen sich entscheidende Wettbewerbsvorteile. Sie können ihren Kunden, Partnern und Investoren demonstrieren, dass sie die Sicherheit und den Schutz sensibler Daten ernst nehmen. Das schafft Vertrauen und stärkt die Reputation.
Gleichzeitig minimieren sie die Risiken von Cyberangriffen und damit verbundenen Schäden – von Datenverlusten über Produktionsausfälle bis hin zu Reputationsschäden. Studien zeigen: Die Kosten eines erfolgreichen Cyberangriffs übersteigen die Investitionen in präventive Sicherheitsmaßnahmen oft um ein Vielfaches.
Auch für die Entwicklung neuer, innovativer Produkte und Geschäftsmodelle spielt Cybersicherheit eine Schlüsselrolle. Nur wenn Kunden darauf vertrauen können, dass ihre Daten sicher sind, werden sie bereit sein, neue digitale Angebote zu nutzen. Der Cyber Resilience Act schafft hier einheitliche Spielregeln und Sicherheitsstandards und unterstützt damit die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.
Nicht zuletzt profitiert die Gesellschaft als Ganzes von einem höheren Niveau an Cybersicherheit. Je besser Unternehmen und Organisationen gegen Cyberangriffe gewappnet sind, desto widerstandsfähiger wird das gesamte digitale Ökosystem. Das stärkt das Vertrauen der Bürger in digitale Technologien und ermöglicht deren Potenziale für Wachstum, Fortschritt und Wohlstand voll auszuschöpfen.
Fazit
Der Cyber Resilience Act stellt Unternehmen zweifelsohne vor große Herausforderungen – technisch, organisatorisch und finanziell. Doch diese Herausforderungen lassen sich meistern: Durch Kooperationen, Wissensaustausch, gezielte Förderung und die Integration von Cybersicherheit in alle Unternehmensbereiche und -prozesse.
Am Ende steht die Chance auf mehr Sicherheit, Vertrauen und Wettbewerbsfähigkeit in einer zunehmend digitalisierten Welt. Oder wie es Thierry Breton, EU-Kommissar für den Binnenmarkt, formuliert: „Der Cyber Resilience Act wird ein echtes Gütesiegel für die Cybersicherheit von Produkten und Dienstleistungen sein – Made in Europe. Und er wird einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass Europa sicher und erfolgreich in die digitale Zukunft gehen kann.“